Strahlungs- und Wärmehaushalt der Erde

Woraus resultiert die atmosphärische Zirkulation?

Die wichtigste Energiequelle der Erde ist die Sonne. Doch was passiert mit den Sonnenstrahlen, wenn sie auf der Erde ankommen?

Der Strahlungshaushalt der Erde als Schema

Etwa 1370 W/m² an Energie erreichen an der Obergrenze der Atmosphäre eine Fläche, die senkrecht zu den einfallenden kurzwelligen Sonnenstrahlen steht. Dieser Wert wird als Solarkonstante bezeichnet. Da die Erde jedoch eine Kugel ist und ein Ort in Abhängigkeit von der Jahreszeit und seiner geographischen Lage unterschiedlich stark von der Sonne bestrahlt wird, fallen im globalen Jahresmittel nur 342 W/m² ein.
19% dieser solaren Einstrahlung werden durch die Atmosphäre und die Wolken sofort absorbiert, d.h. durch Gase (CO2, H2O, u.a.) aufgenommen und in Wärme umgewandelt. 26% werden durch die Atmosphäre und durch Wolken reflektiert, also ins All zurückgeworfen. Ein Teil der Strahlung wird durch die Wolken und durch Partikel in der Atmosphäre gestreut und gelangt als diffuse Strahlung auf die Erdoberfläche. Die Strahlen, die nicht gestreut werden, heißen direkte Strahlung. Diffuse und direkte Strahlung werden zusammen als Globalstrahlung bezeichnet. Davon werden noch 4% durch die Erdoberfläche reflektiert (Reflexstrahlung). Das Verhältnis der reflektierten zur einfallenden Strahlung wird als Albedo bezeichnet. Die restlichen 51% der gesamten einfallenden Sonnenstrahlung werden durch die Erdoberfläche absorbiert. Dort werden sie über die Photosynthese in Biomasse umgewandelt oder sie erhitzen Gewässer und die Erdoberfläche. Bei diesen Prozessen entsteht aus der kurzwelligen Sonnenstrahlung langwellige Wärmestrahlung (Thermalstrahlung des infraroten Bereiches).

Jedoch werden 98% der absorbierten kurzwelligen Sonnenstrahlung als infrarote Strahlung (Wärmestrahlung) wieder von der Erdoberfläche abgegeben. Dies ist die Ausstrahlung der Oberfläche. Eine Teil davon wird von Wolken aufgenommen und als Wärmestrahlung wieder zur Erdoberfläche zurückgegeben (77%). Dies wird als Gegenstrahlung bezeichnet. Es wird also nur ein Teil der Ausstrahlung der Erdoberfläche tatsächlich in den Weltraum ausgestrahlt (21%). Dieser Teil ist die effektive Ausstrahlung. Die Gegenstrahlung bewirkt den natürlichen Treibhauseffekt und damit die Aufrechterhaltung der 15°C Durchschnittstemperatur auf der Erdoberfläche. Die Atmosphäre selbst strahlt 49% langwellige Strahlung in den Weltraum aus.

Abhängigkeit des Strahlungshaushaltes vom Ort

Die Sonneneinstrahlung unterscheidet sich - wie bereits oben erwähnt - vom Ort. So ist sie am Äquator höher als an den Polen. Dies soll das folgende kleine Modell verdeutlichen:

Versuch

Wenn man einen Globus (die Erde) mit einer Taschenlampe (die Sonne) bestrahlt, dann ist der Lichtkegel an den Polargebieten größer als am Äquator, d.h. die gleiche Anzahl Sonnenstrahlen beleuchtet am Pol eine viel größere Fläche als am Äquator. Die Sonne führt dem Äquator daher mehr Energie zu als den Polen.

Wie die Beschreibung des Strahlungshaushaltes außerdem zeigte, ist die Nettostrahlung eines Ortes neben der Sonneneinstarhlung auch von der Reflexion und Absorption der kurzwelligen Sonnenstrahlung durch die Erdoberfläche abhängig. der Absorption und Reflexion von Strahlung wird v. a. beeinflusst vom Vorhandensein und der Art der Wolken bzw. der Albedo. Das Albedo ist der Anteil an einfallender kurzwelliger Sonnenstrahlung, der durch eine bestimmte Oberfläche wieder reflektiert wird. Er ist für verschiedene Oberflächen unterschiedlich. So reflektiert Schnee etwa 80 bis 85% der einfallenden Sonnenstrahlung, Sand 20 bis 30%, Wolken je nach Mächtigkeit von 25 bis 80%, Wald bis zu 10% und Wasser nur 5%, wenn die Sonne nahe am Zenit steht, aber bis zu 80%, wenn die Sonnenstrahlung im flachen Winkel einfällt.

Der Strahlungshaushalt bzw. die Strahlungsbilanz der Erde kann auch mit Gleichungen dargestellt werden:
(Die einzelnen Formelzeichen variieren in der Literatur. Die hier verwendeten Zeichen basieren auf HÄCKEL (1993).)

Was wird an Energie aufgenommen?

Die einfallende Sonnenstrahlung ist kurzwellig, deshalb wird diese Gleichung auch als kurzwellige Strahlungsbilanz Qk bezeichnet.

Qk = G - R
= D + H - R
oder in Abhängigkeit vom Albedo:
= G (1 - a)
G ... Globalstrahlung
D ... direkte Strahlung
H ... diffuse Strahlung (Himmelsstrahlung)
R ... Reflexstrahlung
a ... Albedo (in %/100)

Was wird an Energie abgegeben?

Die Erdoberfläche entsendet Wärmestrahlung (infrarot). Da diese Strahlung langwellig ist, wird diese Formel auch als langwellige Strahlungsbilanz Ql bezeichnet.

Ql = AE = AO - AG
AE ... effektive Ausstrahlung
AO ... Ausstrahlung der Erdoberfläche
AG ... Gegenstrahlung

Was steht nun an Energie auf der Erdoberfläche zur Verfügung?

Aus den beiden Formeln für die Strahlungsaufnahme und die Strahlungsabgabe, also für Gewinn und Verlust, lässt sich nun ermitteln, wieviel insgesamt zur Verfügung steht (gesamte Strahlungsbilanz Q, Nettostrahlung)

Q = Qk - Ql
= G - R - AE

Um das Verständnis des Strahlungshaushaltes und dieser Formeln zu verbessern, kann man auch diese Aufgabe lösen.

Betrachtet man nun die Strahlungsbilanz für die Erdoberfläche, die Atmosphäre und für das Gesamtsystem Erde - Atmosphäre mit den oben genannten Prozentsätzen ergibt sich folgendes Bild:

Strahlungsbilanz für Erdoberfläche, Atmosphäre und Gesamtsystem Erde - Atmosphäre
  Erdoberfläche Atmosphäre Gesamtsystem
Energiegewinn Qk = 51% durch Absorption kurzwelliger Sonnenstrahlung: 19% 100% Sonneneinstrahlung
Energieverlust Ql = AO - AG = 98% - 77% = 21% durch Ausstrahlung langwelliger Wärmestrahlung: 49% 30% (Albedo) + 21% (effektive Ausstrahlung der Erdoberfläche) + 49% (Ausstrahlung der Atmosphäre) = 100%
Bilanz Q = 51% - 21% = 30% Q = 19% - 49% = -30% Q = 0

Insgesamt nimmt das System Erde - Atmosphäre also genauso viel Energie von der Sonne auf wie es wieder abgibt. Im langjährigen Mittel ist die Strahlungsbilanz der Erde somit ausgeglichen. Innerhalb des Systems zeigt sich aber, dass die Erdoberfläche einen Energieüberschuss von 30% und die Atmosphäre ein Defizit von 30% hat. Um dieses Verhältnis auszugleichen wird Energie von der Erdoberfläche in die Atmosphäre transportiert. Dies kann in verschiedenen Formen statt finden:

Formen des Energietransportes in die Atmosphäre
Fühlbare (Sensible) Wärme Latente Wärme
... ist die Wärme, die mit einem Thermometer gemessen werden kann. Diese wird transportiert durch:
  • Wind
  • horizontal aufgleitende Luft (Advektion)
  • und vertikal aufsteigende Luft (Konvektion) bei der Bildung von Wolken
... ist die Wärme, die als Energie im gasförmigen Wasserdampf enthalten ist.

Wenn Wasser vom flüssigen in den gasförmigen Zustand verdunstet, muss es Wärme aufnehmen. Diese ist dann im Wasserdampf gespeichert und wird wieder abgegeben, wenn das Wasser in den flüssigen Zustand wechselt (kondensiert). siehe auch: Luftfeuchtigkeit und Wolkenbildung

Zusammenfassend kann gesagt werden:

Die Strahlungsaufnahme eines Ortes ist abhängig von:
  • der einfallenden Sonnenstrahlung (wird bestimmt durch Jahreszeit und geographische Breite),
  • der Bewölkung, die Strahlung reflektiert,
  • und der Beschaffenheit der Erdoberfläche, die auch unterschiedliche Albedo bewirkt.
Die Strahlung die ein Ort abgibt, hängt ab:
  • von der Wärme (Temperatur) der Erdoberfläche und
  • von der Art der Erdoberfläche (unterschiedliche Oberflächen - wie Sand, Wasser oder Wald - haben unterschiedliche Fähigkeiten langwellige Strahlung abzugeben).
  • Die Bewölkung beeinflusst die Ausprägung der Gegenstrahlung. So verursacht eine geringe Bewölkung eine hohe effektive Ausstrahlung, da kaum Reflexion statt findet.

Globale Energieverteilung und -transporte

Daraus ergibt sich, dass jeder Ort eine andere Strahlungsbilanz hat. Die polaren Regionen haben im langjährigen Mittel ein Strahlungsdefizit, weil sie ein halbes Jahr lang gar keine Einstrahlung haben (Polarnacht). Die tropischen Regionen haben ein Strahlungs- und Energieüberschuss, weil sie das ganze Jahr über gleichmäßig stark beschienen werden. Die Abhängigkeit der Nettostrahlung von der geographischen Breite zeigt auch die nebenstehende Abbildung.

Um die ungleiche Energieverteilung auf der Erde auszugleichen, muss Energie von den niederen Breiten in die hohen Breiten transportiert werden. Dies erfolgt durch globale Windsysteme der atmosphärischen Zirkulation aber auch durch Meeresströmungen. Die Ausgangsfrage "Woraus resultiert die atmosphärische Zirkulation?" ist also mit der unterschiedlichen Strahlungsenergieverteilung auf der Erde zu beantworten.

Nettostrahlung und geographische Breite

Die atmosphärische Zirkulation und die Meersströmungen resultieren also aus dem Strahlungs- und Wärmeunterschied zwischen Pol und Äquator.

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Interaktive Aufgaben:
Lückentext: Der Strahlungshaushalt

Zum Weiterlesen:
Die Atmosphäre der Erde, Atmosphärische Zirkulation, Klimazonen - Klimaklassifikationen